27 Apr

Das weiße (Nicht-)Wissen der Philosophie

von Marina Martinez Mateo (Akademie der Bildenden Künste München)

Die Philosophie ist in ihrem institutionellen Funktionieren als Disziplin ein Ort weißen (Nicht-)Wissens. Das heißt nicht – so viel vorweg –, dass sie nur das ist: Kontinuierlich werden dem Weißsein der Philosophie andere Formen des Wissens und Denkens entgegengesetzt, ganze Traditionen und Denkformen, die außerhalb der weißen Begrenzungen der Philosophie stattfinden. Diese anderen Formen des Denkens aber stoßen auch heute noch gegen eine Wand kanonisierter, als „wichtig“ und als philosophisch (im „ernstzunehmenden“ Sinn) geltender Denkbestände, die sie mindestens an die Ränder der Philosophie (wenn nicht ganz aus ihr heraus) drängt. Um diese Wand soll es im Folgenden gehen. Was bedeutet es, vom weißen Nicht-Wissen der Philosophie zu sprechen? Drei Annahmen sind damit verbunden: Erstens die Annahme, dass die Philosophie, historisch wie gegenwärtig, ein weißer Ort ist. Zweitens die Annahme, dass es ein Ort weißen „Wissens“ ist, dass sich also das Weißsein der Philosophie in den Formen des Wissens und Denkens widerspiegelt, die darin stattfinden. Die dritte Annahme lautet, dass es sich bei diesem Wissen um ein „Nichtwissen“ handelt, wie es Charles Mills nennt, das heißt um ein Wissen, das Ausdruck rassialisierter Herrschaft ist und darum ein begrenztes, verblendetes, verfälschendes, verdummendes Wissen (eben ein Nicht-Wissen) darstellt. Diese drei Annahmen werden im Folgenden erläutert und diskutiert.

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19 Nov

Unwissenheit als Unvermögen

von Hannes Worthmann (Erlangen)


Die philosophische Untersuchung des Wissensbegriffs wird nach wie vor dominiert von Varianten der sogenannten Standardanalyse des Wissens. Demnach weiß eine Person S genau dann, dass p der Fall ist, wenn S gerechtfertigt davon überzeugt ist, dass p der Fall ist, und p auch tatsächlich der Fall ist. Neben der Standardauffassung existiert eine weniger verbreitete Sichtweise: Wissen ist eine Fähigkeit. Erachtet man Wissen als Fähigkeit, ist es naheliegend, Unwissenheit als Unvermögen oder Unfähigkeit aufzufassen: Personen, die um einen bestehenden Sachverhalt nicht Wissen, fehlt die Fähigkeit, sich im Denken und Handeln von diesem leiten zu lassen. Um diese Idee verständlich zu machen, werde ich zunächst Grundlegendes zum Begriff der Fähigkeit sagen und dann die Fähigkeitskonzeption des Wissens skizzieren. Im Anschluss wird es um das Phänomen der Unwissenheit gehen.

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