31 Jan

Darf man Fleisch essen, wenn Tiere Rechte haben? Eine Antwort auf Konrad Ott

Von Marina Moreno und Adriano Mannino (München)


Konrad Ott schließt seinen spannenden Beitrag “Warum ich kein Vegetarier bin” mit der folgenden Bemerkung und Frage:

“Ich erwarte nicht, dass Tierrechtler*innen meiner Lebensart, Nicht-Vegetarier zu sein, zustimmen werden. Aber das brauchen sie auch nicht. Ich möchte niemandem den Vegetarismus streitig machen, wenn sie/er von bestimmten Begründungsfiguren (Tierrechte) überzeugt ist und die „clear and uncomprimising implications“ (Regan 1989, S. 13) attraktiv findet. Die Frage bleibt, ob meine Position von Tierrechtler*innen als moralisch vertretbar geachtet oder nur notgedrungen toleriert werden kann.”

Wir verstehen uns als Tierrechtler*innen und hegen Sympathien für den Antispeziesismus bzw. den Unitarismus, also die Ansicht, dass alle empfindungsfähigen Wesen den gleichen fundamentalen moralischen Status haben (vgl. Mannino & Moreno 2022, im Erscheinen). Die Tierrechtsposition erfordert allerdings keinen strikten Unitarismus, insoweit man gewisse Abstufungen zwischen Menschen- und Tierrechten zulässt.

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11 Jan

Warum ich kein Vegetarier bin

Von Konrad Ott (Kiel)


In den vergangenen Jahrzehnten wurden tierethische Forderungen gesteigert. Was zunächst im utilitaristischen Paradigma (Singer 1990) mit der berechtigten Forderung nach mehr Tierwohl und weitaus weniger Tierleid begann, wurde zur Forderung nach Tierrechten (Regan 1989), nach politischen Tierrechten (Donaldson & Kymlicka 2013) und zuletzt zur Forderung, auch das Leid von Wildtieren zu reduzieren (Nussbaum 2010, Horta 2017). Die Tierrechtsbewegung postuliert ein Recht auf Leben für alle „subjects of a life“ (Regan), was ein prima-facie-Tötungsverbot impliziert. Demnach bestünde eine moralische Pflicht, weder als Produzent*in noch als Konsument*in an der Produktion fleischlicher Nahrung zu partizipieren, die nicht „in vitro“ erfolgt, sondern auf der Schlachtung von Tieren beruht. Diese Forderung präsumiert, vom moralischen Sandpunkt aus überzeugend zu sein, und sie unterstellt, dass moralische Gründe alle anderen Arten von Gründen übertrumpfen (sog. „overridingness“). Die „overridingness“ moralischer Gründe wird häufig so verstanden, dass durch sie sämtliche außer-moralischen Gründe (tendenziell) belanglos, d.h. irrelevant werden. Sofern ein Thema überhaupt vom moralischen Standpunkt aus betrachtet werden kann, entwertet dessen Einnahme alle übrigen Gesichtspunkte, die dann nach dem Schema von Pflicht und Neigung behandelt und den bloßen Neigungen oder Konventionen zugeordnet werden können. Bei Kant sind Neigungen allerdings letztlich heteronom; heutige Ethiken des guten Lebens schließen nicht aus, dass Wertschätzungen authentisch sein können.

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