19 Mrz

Epistemische Handlungsfähigkeit in Unterdrückungskontexten: Kann Schweigen (epistemischer) Widerstand sein?

Von Hilkje C. Hänel (Potsdam)

In diesem Beitrag soll ein Fokus auf der epistemischen Handlungsfähigkeit oder Agency marginalisierter Wissender liegen; also jenen Personen, die oftmals systematisch von ungerechten epistemischen Praktiken betroffen sind. Tatsächlich betrachtet der hier gewählte Fokus, ein philosophisches Feld, dass Philosoph*innen of Colorebenso wie indigene Philosoph*innen schon seit langem bespielen. Im Folgenden wird zunächst betrachtet, wie Theorien der Handlungsfähigkeit mit Unterdrückungskontexten umgehen – und leider teilweise an deren Komplexität scheitern –, um dann zu zeigen, dass epistemische Handlungsfähigkeit als widerständige Handlungsfähigkeit auch ganz anders gedacht werden kann. Dabei kann aber selbstverständlich nur ein kleiner Einblick gegeben werden, der den Theorien, die sich mit epistemischem Widerstand auseinandersetzen sicher nicht gerecht werden kann. Hier soll vielmehr angedeutet werden, dass die Debatte um epistemische Ungerechtigkeit viel komplexer und größer ist als oftmals angenommen.

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05 Mrz

Erzwungenes Verstehbar-Machen

Von Flora Löffelmann (Wien)

„Bist du ein Mädchen oder ein Junge?“ Trans[1] oder genderqueere[2] Personen werden oft dazu aufgefordert, sich „verstehbar“ – also nachvollziehbar oder fassbar – zu machen. Dieser Beitrag beleuchtet diese erzwungene „Erklärarbeit“. Dabei steht der Machtmechanismus „rhetorisch-epistemische Unterdrückung“ (REU) im Fokus. Dieser bestimmt, dass Personen oft nur geglaubt wird, wenn sie über ihre Geschlechtsidentität auf eine ganz bestimmte Art und Weise sprechen – nämlich so, dass dies innerhalb des cisgeschlechtlichen[3] epistemischen Systems verständlich ist. Ich lege dar, wieso dies eine Form der Ungerechtigkeit ist, und welche Konsequenzen dies für das Leben von trans und genderqueeren Personen hat.  

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25 Sep

Gefährliche oder experimentelle Liebe? Philosophische Überlegungen über #MeToo

von Federica Gregoratto (St. Gallen)[1]


„Me too“ ist ein Ausdruck, den fast jede Frau (und einige Männer) als Antwort auf eine Erzählung von sexueller Belästigung formulieren kann. Hashtag #MeToo wurde im Oktober 2017 von der Schauspielerin Alyssa Milano, kurz nach der Veröffentlichung von den erheblichen Anschuldigungen gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein lanciert: Frauen aller Länder wurden aufgerufen, über Twitter oder andere soziale Netzwerke ihre Erfahrungen als Target von ungewollter sexueller Aufmerksamkeit, Stalking, Erpressung, Angriff, Vergewaltigung mitzuteilen. Der Aufruf ging unmittelbar viral.[2] Männer scheinen diejenigen zu sein, die am meisten dazu neigen, ihre politische, ökonomische oder symbolische Macht in sexuellen Bereichen zu missbrauchen; Frauen können es aber auch.[3]

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