05 Sep

Wissenschaft und Elternzeit. Wunsch und Wirklichkeit

Von Elke Elisabeth Schmidt (Siegen)


Nachwuchswissenschaftler*innen mit Kindern sind immer im Spagat zwischen Job und Familie. Viele Spannungen sind bekannt: ein hohes Arbeitspensum, geforderte zeit- und räumliche Flexibilität sowie Befristung auf der einen Seite und Kinder und all das auf der anderen. Weniger bekannt ist: Mutterschutz und Elternzeit könnten den Spannungen zwar eigentlich Abhilfe schaffen, scheitern aber an der akademischen Lebenswirklichkeit.

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23 Aug

Vereinbarkeit und akademische Doppelkarrieren – Teil 2: Doppelangebote

von David Löwenstein (Düsseldorf)


In einem ersten Beitrag habe ich die spezifischen Vereinbarkeitsprobleme akademischer Doppelkarrierepaaren skizziert. Wie lassen sie sich lösen? Auch hier ist zunächst auf den Good Practice Guide der Society for Women in Philosophy zu verweisen, der dazu viele gute Vorschläge enthält. Und wie bei den Problemen, gilt auch für die Lösungsideen: Akademische Doppelkarrierepaare sind doppelt betroffen.

In der Praxis besteht der häufigste Ausweg aus den geschilderten Vereinbarkeitsproblemen jedoch darin, dass mindestens ein Elternteil aussteigt und sich beruflich neu orientiert. Das ist aber natürlich weder im Sinne exzellenter Forschung und Lehre noch im Sinne von Vereinbarkeit und gleichberechtigten Beziehungsmodellen.

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16 Aug

Vereinbarkeit und akademische Doppelkarrieren – Teil 1: Probleme

David Löwenstein (Düsseldorf)


Das Problem der Vereinbarkeit von akademischer und Sorgearbeit hat viele Gesichter. Manche Faktoren betreffen alle oder viele ähnlich, andere nicht. Dies ist der erste von zwei Beiträgen, die eine spezifische Konstellation in diesem Feld behandeln: akademische Doppelkarrieren. Gemeint sind also Paare, bei denen beide Beteiligte eine akademische Karriere verfolgen, und die gleichzeitig gemeinsam Sorgearbeit leisten, etwa für eigene Kinder.

Ich beginne mit drei Vorbemerkung zur Einordnung des Themas. Danach beschreibe ich die spezifische Vereinbarkeitsproblematik akademischer Doppelkarrierepaare und benenne dort drei zentrale Problembereiche. In einem Folgebeitrag geht es dann um Lösungen und Auswege – vom Üblichen, dem Ausstieg, bis zum Traum des gemeinsamen Ankommens an einem Ort.

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25 Jul

Der Riss zwischen Leben, Arbeit, Nachdenken – und Akademie. Ein Lamento.

Von Teresa Geisler


Ich habe keine Kinder und ich habe keine Hobbies. Das ist schon mal gut, wenn man den Wunsch hat, Wissenschaft als Beruf zu betreiben. Leider habe ich Interessen und Leidenschaften. Das ist nicht so gut.

Denn für mich als Promotionsstudentin der Philosophie stellt sich die Lage des Wissenschaftlers im Augenblick als ein unglückliches Spannungsverhältnis zwischen Zeit und Geld dar: Wer eine feste Stelle in der Akademie hat und somit Geld, ertrinkt meist in Arbeit, so dass neben Verwaltung, Politik, Gremienarbeit und Antragsprosa oft bereits kaum Zeit für das Kerngeschäft Lehre und Forschung bleibt, ganz zu schweigen davon, Dinge neu und anders zu denken. Wer keine feste Stelle hat, sondern zwischen Hartz4 und Wohngeld, mehr oder weniger ehrenamtlichen Lehraufträgen und unbezahlten Publikationen, versucht, Wissenschaft zu betreiben und die Zeit hat, dem fehlt das Geld zum Leben – und für die Wissenschaft. Denn wenn man nicht institutionell angestellt ist, dann kann man sich Wissenschaft eigentlich nicht leisten. Anders als in der Kunst gibt es in der Wissenschaft kaum Projektförderungen für Personen, die nicht an den akademischen Betrieb angebunden sind, und das Zeigen und Diskutieren der eigenen Arbeit auf Tagungen und Konferenzen oder das Veröffentlichen von Monografien, in Journalen oder Sammelbänden kostet öfter Geld, als dass das es etwas einbringt. Dabei ist die kostspielige Arbeit die Voraussetzung für die Teilnahme am akademischen Arbeitsmarkt, die man sich aber eigentlich nur leisten kann, wenn man eine Stelle hat, die vergütet wird. Das ist ein Problem unter dem schließlich auch die Wissenschaft leidet, weil die Zeit oder das Geld zum Nachdenken fehlt.

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15 Jun

Der neue SWIP Good Practice Guide „Vereinbarkeit“ – Teil 2

von Almut von Wedelstaedt (Bielefeld), Christiana Werner (Duisburg-Essen), Christine Bratu (Göttingen) und Katharina Naumann (Magdeburg)


Bekannterweise sollte es uns als Philosoph:innen nicht nur darum gehen, die Welt besser zu verstehen, sondern wir sollten auch einen Beitrag dazu leisten, sie zum Besseren zu verändern. Dies gilt insbesondere für unsere eigene wissenschaftliche Community, also denjenigen Ausschnitt der Welt, in dem wir uns als Philosoph:innen berufsbedingt herumtreiben. Die vorliegende Reihe zum Thema „Vereinbarkeit“ soll beides leisten: Zum einen soll sie Personen, die (noch) ohne Sorgeverantwortung im Wissenschaftsbetrieb unterwegs sind, verdeutlichen, was Personen, die (bereits) Sorgeverantwortung für andere übernehmen, schmerzlich bewusst ist – nämlich dass es mit der Vereinbarkeit wissenschaftlichen Arbeitens und der Sorge um andere Menschen meist nicht weit her ist. Zum anderen sollen aber auch konkrete Vorschläge zur Diskussion gestellt werden, wie wir diese Situation als Community verbessern können. Im neuen SWIP Good Practice Guide zum Thema „Vereinbarkeit“ haben wir einige dieser Vorschläge gesammelt, die wir hier nun kurz vorstellen wollen (den vollständigen Guide gibt es hier, Teil 1 der Vorstellung des Guides auf praefaktisch hier).

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23 Mai

It’s the structure, stupid! – Ein persönlicher Erfahrungsbericht zur Vereinbarkeit von Academia, anderen Arbeitsbereichen und Care-Aufgaben

Dieser Blogbeitrag kann auch als Podcast gehört und heruntergeladen werden:


Von Bettina Bohle


Ich hänge nur noch am Zipfel des Wissenschaftssystems. Eine Vereinbarkeitsfrage stellt sich mir – als Mutter und mit mehreren Leuten in meinem engen Umfeld, die mit psychischen Krankheiten kämpfen – von einer äußeren Warte, die teils so weit weg vom sog. Wissenschaftsbetrieb entfernt ist, dass ich gar nicht mehr recht weiß, ob es überhaupt noch als Perspektive auf Academia zählt. Aber ich habe knapp 20 Jahre dort verbracht, erst 6 als Studentin, dann 6 als Doktorandin und schließlich rund 7 als PostDoc oder „Nachwuchs“-Wissenschaftlerin. Nun bin ich Lehrbeauftragte an zwei verschiedenen Unis, bewerbe mich sporadisch auf Stellen, habe einen festen Job im Kulturmanagement außerhalb der Uni. Und weiß nicht, ob ich noch mal einen Anlauf nehmen soll, mehr in dieses System Uni hineinzukommen. Ob es sich lohnt. Ob es nicht besser so ist.

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13 Apr

Der neue SWIP Good Practice Guide „Vereinbarkeit“ – Teil 1

von Almut von Wedelstaedt (Bielefeld), Christiana Werner (Duisburg-Essen), Christine Bratu (Göttingen) und Katharina Naumann (Magdeburg)


Die Herstellung von Vereinbarkeit wird heute als fester Bestandteil moderner Familienpolitik verstan­den und auch in den Hochschulen ist das Thema längst angekommen. Es findet sich in den meisten Leitbildern deutscher Hochschulen, die überdies mittlerweile reihenweise als familienfreundlich zertifiziert sind. Diese Selbstverpflichtungen betreffen zwar nicht allein Vereinbarkeitsprobleme der an Hochschulen akademisch tätigen Personen, aber gerade hier scheinen die Probleme nach wie vor gravierend zu sein und sich allzu leichten Lösungen zu entziehen. Vor allem lassen sich diese Probleme sicherlich nicht allein auf Leitungsebene lösen, sondern müssen in der Breite angegangen werden – das heißt auch innerhalb Philosophischer Institute. Wie kann man dort also für Verbesserungen sorgen und warum muss man das überhaupt noch? Einige Ideen und Vorschläge dazu liefert der neue Best Practice Guide „Vereinbarkeit“ der Society for Women in Philosophy Germany e.V. Ehe wir diese im zweiten Teil vorstellen, wird es hier aber zunächst um ganz grundlegende Fragen danach gehen, was wir unter Vereinbarkeit verstehen und wo wir momentan Probleme sehen.

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08 Feb

Call for Blogposts: Vereinbarkeit von akademischem Arbeiten und anderen wertvollen persönlichen Projekten

Hochschulen sind inzwischen reihenweise als familienfreundlich zertifiziert, aber das heißt nicht, dass sich die Arbeit in der akademischen Philosophie mit der Sorge um Kinder, pflegebedürftige Eltern oder andere nahestehende Personen leicht vereinbaren lässt. Vielmehr erscheint beides oft nahezu unvereinbar: Der üblichen Kitaschließzeit am Nachmittag stehen gängige Vortragstermine am Abend gegenüber; der geforderten vollen Konzentration auf den zu schreibenden Artikel die Sorge darum, dass der nächste befristete Arbeitsvertrag zur Pendelei weg von den dementen Großeltern zwingt; und der Muße, die es für kreative gute Ideen braucht, das ewige Zerren der vielen beruflichen und privaten Verpflichtungen, die einen mitunter zweifeln lassen können, ob man ohne dauernde Überstunden überhaupt konkurrenzfähig ist. Diskussionen aus dem vorigen Jahrhundert, könnte man meinen, aber für viele immer noch Realität. Zudem keine leicht zu bearbeitende, denn die Probleme sind vielfältig und entziehen sich daher oftmals einer einfachen Lösung. Beispielsweise passt der oft gemachte Vorschlag, alle Termine in die Kernarbeitszeiten zu legen, in der Regel nicht zum Wunsch pendelnder Care-Arbeitender, die ein großes Interesse daran haben, nicht unbegrenzt Zeit an ihrem Arbeitsort zu verbringen, Pendelei aber ist für viele aufgrund der langen Befristungszeiten unumgänglich.

In einer neuen Reihe auf prae|faktisch möchten wir Beiträge zu diesem Thema versammeln: Welche konkreten Probleme gibt es? Wie wirken strukturelle und individuelle Ebene hier zusammen? Welche Lösungen sind für welche Situationen erprobt? Welche Lösungen könnte man sich vorstellen, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Und was gibt es bei dem Ganzen noch zu bedenken? 

Wir freuen uns über Einreichungen zu diesen und anderen Fragen, wobei Personen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlichster Rollen im akademischen System und unterschiedlicher Statusgruppen zu Wort kommen sollen. Erwünscht sind drei Arten von Beiträgen: Antworten auf die Frage, was schief läuft (testimonials), Antworten auf die Frage, wie es besser gehen könnte (best practise), sowie Antworten auf die Frage, wie es in einer idealen Welt besser gehen könnte (Utopie). Ggf. werden wir anonyme Beiträge möglich machen.

Die formalen Vorgaben für Blogbeiträge auf praefaktisch sind hier.

Dieser Themenblock wird von der AG Vereinbarkeit der SWIP (Society for Women* in Philosophy Germany) betreut und herausgegeben. Vorschläge für Texte bitte an Prof.in Christine Bratu schicken: christine.bratu@uni-goettingen.de.

15 Nov

Sehnsucht nach Wissenschaft. Die romantische Universität

Von Markus Steinmayr (Duisburg-Essen)


Die Idee der romantischen Universität wird in unterschiedlichen Formen und Textsorten entwickelt. Es gibt Verwaltungsschriften wie Humboldts berühmte „Denkschrift über die äußere und innere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin“ aus dem Jahre 1809. Anders blickt zum Beispiel Joseph von Eichendorff auf Sache und Funktion der Universität. In „Halle und Heidelberg“ wird die Universität zu einer romantischen Figur, die eine Bastion gegen die Zeitläufte darstellt. Andererseits, darauf hat Theodor: Ziolkowski in „Das Amt der Poeten. Die deutsche Romantik und ihre Institutionen“bereits 1994 aufmerksam gemacht, gibt es wohl in keiner literarischen Epoche so viele studentische Helden und Passagen, die die Universität und ihre Probleme in den Mittelpunkt rücken. Schließlich ist Achim von Arnims Hollin ein Studienabbrecher, Ernst Theodor Hoffmanns Nathanael aus „Der Sandmann“ ein dem Wahnsinn verfallender Student der Physik, Anselmus aus Hoffmanns Kunstmärchen „Der goldene Topf“ ein Student der Theologie. Viele firmieren als Figuren des Anti-Akademischen, in der die Frage nach der wahren Bildung verborgen liegt.

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05 Aug

Populäre Philosophie und die intellektuelle Debatte außerhalb der Universität

Von Gottfried Schweiger (Salzburg)


Forscher:innen, die auf der Universität (oder in außeruniversitären, vergleichbaren Institutionen arbeiten) sind es gewohnt, dass sie im Austausch mit Kolleg:innen stehen. Die Debatte gehört zum Kern der wissenschaftlichen Arbeit. Was aber tun, wenn das fehlt? Wie kann populäre Philosophie gelingen, ohne die Universität als sozialer Raum für Debatten am Flur, auf Tagungen, Workshops, in Zeitschriften oder über Zoom?

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