15 Jun

Der neue SWIP Good Practice Guide „Vereinbarkeit“ – Teil 2

von Almut von Wedelstaedt (Bielefeld), Christiana Werner (Duisburg-Essen), Christine Bratu (Göttingen) und Katharina Naumann (Magdeburg)


Bekannterweise sollte es uns als Philosoph:innen nicht nur darum gehen, die Welt besser zu verstehen, sondern wir sollten auch einen Beitrag dazu leisten, sie zum Besseren zu verändern. Dies gilt insbesondere für unsere eigene wissenschaftliche Community, also denjenigen Ausschnitt der Welt, in dem wir uns als Philosoph:innen berufsbedingt herumtreiben. Die vorliegende Reihe zum Thema „Vereinbarkeit“ soll beides leisten: Zum einen soll sie Personen, die (noch) ohne Sorgeverantwortung im Wissenschaftsbetrieb unterwegs sind, verdeutlichen, was Personen, die (bereits) Sorgeverantwortung für andere übernehmen, schmerzlich bewusst ist – nämlich dass es mit der Vereinbarkeit wissenschaftlichen Arbeitens und der Sorge um andere Menschen meist nicht weit her ist. Zum anderen sollen aber auch konkrete Vorschläge zur Diskussion gestellt werden, wie wir diese Situation als Community verbessern können. Im neuen SWIP Good Practice Guide zum Thema „Vereinbarkeit“ haben wir einige dieser Vorschläge gesammelt, die wir hier nun kurz vorstellen wollen (den vollständigen Guide gibt es hier, Teil 1 der Vorstellung des Guides auf praefaktisch hier).

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13 Apr

Der neue SWIP Good Practice Guide „Vereinbarkeit“ – Teil 1

von Almut von Wedelstaedt (Bielefeld), Christiana Werner (Duisburg-Essen), Christine Bratu (Göttingen) und Katharina Naumann (Magdeburg)


Die Herstellung von Vereinbarkeit wird heute als fester Bestandteil moderner Familienpolitik verstan­den und auch in den Hochschulen ist das Thema längst angekommen. Es findet sich in den meisten Leitbildern deutscher Hochschulen, die überdies mittlerweile reihenweise als familienfreundlich zertifiziert sind. Diese Selbstverpflichtungen betreffen zwar nicht allein Vereinbarkeitsprobleme der an Hochschulen akademisch tätigen Personen, aber gerade hier scheinen die Probleme nach wie vor gravierend zu sein und sich allzu leichten Lösungen zu entziehen. Vor allem lassen sich diese Probleme sicherlich nicht allein auf Leitungsebene lösen, sondern müssen in der Breite angegangen werden – das heißt auch innerhalb Philosophischer Institute. Wie kann man dort also für Verbesserungen sorgen und warum muss man das überhaupt noch? Einige Ideen und Vorschläge dazu liefert der neue Best Practice Guide „Vereinbarkeit“ der Society for Women in Philosophy Germany e.V. Ehe wir diese im zweiten Teil vorstellen, wird es hier aber zunächst um ganz grundlegende Fragen danach gehen, was wir unter Vereinbarkeit verstehen und wo wir momentan Probleme sehen.

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08 Feb

Call for Blogposts: Vereinbarkeit von akademischem Arbeiten und anderen wertvollen persönlichen Projekten

Hochschulen sind inzwischen reihenweise als familienfreundlich zertifiziert, aber das heißt nicht, dass sich die Arbeit in der akademischen Philosophie mit der Sorge um Kinder, pflegebedürftige Eltern oder andere nahestehende Personen leicht vereinbaren lässt. Vielmehr erscheint beides oft nahezu unvereinbar: Der üblichen Kitaschließzeit am Nachmittag stehen gängige Vortragstermine am Abend gegenüber; der geforderten vollen Konzentration auf den zu schreibenden Artikel die Sorge darum, dass der nächste befristete Arbeitsvertrag zur Pendelei weg von den dementen Großeltern zwingt; und der Muße, die es für kreative gute Ideen braucht, das ewige Zerren der vielen beruflichen und privaten Verpflichtungen, die einen mitunter zweifeln lassen können, ob man ohne dauernde Überstunden überhaupt konkurrenzfähig ist. Diskussionen aus dem vorigen Jahrhundert, könnte man meinen, aber für viele immer noch Realität. Zudem keine leicht zu bearbeitende, denn die Probleme sind vielfältig und entziehen sich daher oftmals einer einfachen Lösung. Beispielsweise passt der oft gemachte Vorschlag, alle Termine in die Kernarbeitszeiten zu legen, in der Regel nicht zum Wunsch pendelnder Care-Arbeitender, die ein großes Interesse daran haben, nicht unbegrenzt Zeit an ihrem Arbeitsort zu verbringen, Pendelei aber ist für viele aufgrund der langen Befristungszeiten unumgänglich.

In einer neuen Reihe auf prae|faktisch möchten wir Beiträge zu diesem Thema versammeln: Welche konkreten Probleme gibt es? Wie wirken strukturelle und individuelle Ebene hier zusammen? Welche Lösungen sind für welche Situationen erprobt? Welche Lösungen könnte man sich vorstellen, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Und was gibt es bei dem Ganzen noch zu bedenken? 

Wir freuen uns über Einreichungen zu diesen und anderen Fragen, wobei Personen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlichster Rollen im akademischen System und unterschiedlicher Statusgruppen zu Wort kommen sollen. Erwünscht sind drei Arten von Beiträgen: Antworten auf die Frage, was schief läuft (testimonials), Antworten auf die Frage, wie es besser gehen könnte (best practise), sowie Antworten auf die Frage, wie es in einer idealen Welt besser gehen könnte (Utopie). Ggf. werden wir anonyme Beiträge möglich machen.

Die formalen Vorgaben für Blogbeiträge auf praefaktisch sind hier.

Dieser Themenblock wird von der AG Vereinbarkeit der SWIP (Society for Women* in Philosophy Germany) betreut und herausgegeben. Vorschläge für Texte bitte an Prof.in Christine Bratu schicken: christine.bratu@uni-goettingen.de.

30 Mrz

Ein Loch in der „Leaky Pipeline“ der akademischen Philosophie? Eine geschlechtsspezifische Betrachtung von Anträgen und Förderquoten bei der DFG

Andrea Klonschinski (Kiel), auf der Basis eines gemeinsamen Textes mit Lisa Herzog und Christine Bratu


Einleitung

In der akademischen Philosophie wird der Frauenanteil umso geringer, je höher es die akademische Karriereleiter hinauf geht – ein Phänomen, das als „Leaky Pipeline“ bezeichnet wird. Woran aber liegt es, dass Frauen der Philosophie überproportional häufig den Rücken kehren? Da die Einwerbung von Drittmitteln nicht nur als essentielles Element im CV von Wissenschaftler:innen gilt sondern oft auch der eigenen Finanzierung zwischen Promotion und Dauerstelle dient, bietet es sich an, auf der Suche nach Erklärungen für die undichte Leitung einen genaueren Blick auf die Förderquoten von Drittmittelgebern zu werfen. Dies haben wir am Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hier getan. Dabei zeigt sich, dass Frauen in der Tat unter den Antragsteller:innen unterrepräsentiert sind und die Förderquoten der Frauen unterhalb der der Männer liegen. Im vorliegenden Beitrag fasse ich die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen und diskutiere mögliche Ursachen der festgestellten geschlechtsspezifischen Ungleichheiten.

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11 Mai

Mehrbelastung von Wissenschaftler*innen in der Corona-Pandemie – Eine Replik auf Gottfried Schweigers Kommentar zur SWIP Stellungnahme

von Andrea Klonschinski (Kiel)


Gottfried Schweiger hat an diesem Ort kürzlich *Kritik* an der *Stellungnahme* der Society of Women in Philosophy e. V. (SWIP) zur Corona-Pandemie geübt. Die Stellungnahme, so Schweiger, sei zu vage, benenne weder die für bestimmte Maßnahmen Verantwortlichen, noch differenziere sie hinreichend zwischen den negativ Betroffenen und lasse es an Vorschlägen konkreter gegenseitiger Solidarität im Wissenschaftsbetrieb vermissen. Damit sende sie insgesamt ein zu schwaches Signal. Während ich viele seiner grundlegenden Überlegungen teile, scheint mir eine Kritik an der SWIP-Stellungnahme nicht der richtige Ort, um diese zu artikulieren. Tatsächlich vermengt Schweiger meines Erachtens verschiedene Themen bzw. Fragen, die alle in der derzeitigen Situation relevant sind, aber auseinandergehalten werden sollten, wie ich im Folgenden skizzieren möchte. Dabei weist die Auseinandersetzung mit der SWIP-Stellungnahme über den konkreten Anwendungsfall hinaus, insofern sie Ungerechtigkeiten im Wissenschaftsbetrieb sowie den angemessenen individuellen und institutionellen Umgang damit thematisiert.

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08 Mai

Solidarität im philosophischen Wissenschaftsbetrieb? Ein Kommentar zur Stellungnahme von SWIP Germany

Von Gottfried Schweiger (Salzburg)


Es ist ein Verdienst von SWIP Germany (Society for Women in Philosophy), dass sie sich der Frage der ungleich verteilten Belastungen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs in Zeiten der COVID-19 Pandemie in einer Stellungnahme angenommen hat. Obwohl ich die Stellungnahme inhaltlich fast vollständig teile und diese Textsorte immer gewisse Unzulänglichkeiten mit sich bringt, bleibt doch der Eindruck, dass hier ein stärkeres Signal gesendet hätte werden können. So bleibt der Aufruf für mich etwas zu sehr im Vagen hängen.

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23 Okt

Wer wächst wohin? Zum Begriff des wissenschaftlichen Nachwuchses

von David Willmes (Freiburg im Breisgau)

 

Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie Begriffe wie „Betreuer“ oder „Nachwuchs“ hören? Fragt man Lieschen Müller, wird sie wohl kaum an Hochqualifizierte auf dem Weg zum Doktorgrad oder zur Professur denken. Sondern vielleicht eher an Kinder oder Pflegebedürftige. Im Hochschuljargon sind diese Ausdrücke gang und gäbe – trotz Infantilisierung, anscheinend mangels Alternativen. Auch bei mir hat sich der Sprachgebrauch eingeprägt. Allerdings bleibt ein Beigeschmack. Wir sollten genauer hinschauen, was serviert wird.

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10 Apr

Interview mit Mari Mikkola (Oxford)

Mari Mikkola ist Tutorial Fellow, Somerville College und Associate Professor, Faculty of Philosophy, an der University of Oxford. Davor war sie Juniorprofessorin und Professorin für Praktische Philosophie an der Humboldt Universität Berlin. Sie ist Vorstandsvorsitzende von SWIP Germany.


prae|faktisch: Wieso wolltest Du Philosophin werden? Haben Deine Herkunft (lokal, sozial) oder bestimmte Erfahrungen Dich zur Philosophie oder zu bestimmten philosophischen Fragen gebracht?

Mari Mikkola: Ich glaube, ich wollte nie so richtig Philosophin werden! Eigentlich bin ich mehr oder weniger zufällig hier gelandet. Meine Herkunft hat meinen philosophischen Werdegang so gut wie gar nicht beeinflusst. Ich bin im kalten und dunklen Nord-Finnland aufgewachsen, ohne große intellektuelle Einflüsse. Meine Eltern sind nicht akademisch ausgebildet (oder waren damals nicht – heute hat meine Mutter einen Magisterabschluss) und sie sind ganz normale Menschen. Philosophische Fragen haben wir zu Hause oder auch in der Schule nie diskutiert.

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