II: Was „Sex haben“ bedeutet

von Peter Wiersbinski (Regensburg)
Eine gute Erklärung dessen, was wir mit den Worten „Sex haben“ bezeichnen, muss zwei Dinge leisten: sie muss zum einen verständlich machen, wie es kommt, dass die verschiedenen Arten von Interaktionen und Praktiken, die wir zurecht so nennen, so rein gar nichts gemeinsam zu haben scheinen. Denn keine Eigenschaft, die uns im Zuge einer Erklärung des Begriffs einfallen könnte – „für Fortpflanzung offen“, „aus Liebe vollzogen“, „auf Orgasmus ausgerichtet“, „unter gegenseitiger Stimulation der Sexualorgane“ und so weiter–, trifft auf alles zu, was zurecht als „Sex haben“ bezeichnet wird. Und viele der Eigenschaften, die uns einfallen, treffen auch auf anderes als Sex zu. Zum anderen muss eine gute Erklärung von „Sex haben“ aber auch verständlich machen, weshalb alle diese so unähnlichen Interaktionen, die äußerlich wie völlig verschiedene Tätigkeiten aussehen, doch wenigstens das miteinander teilen: dass sie Weisen sind, miteinander Sex zu haben. An der Aufgabe, beides unter einen Hut zu bringen, kann man leicht verzweifeln.[1]
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