07 Dez

Ein neues Unbehagen in der Demokratietheorie?

von Oliver Hidalgo (Universität Passau)


Dies ist der zweite Beitrag unserer kleinen Reihe rund um das große Thema „Herausforderungen der Demokratie(theorie)“, die wir in Kooperation mit dem Theorieblog veröffentlichen. Den Auftakt machte ein Beitrag von Tine Stein über “Resiliente Demokratie und die Polykrise der Gegenwart”, nächsten Donnerstag (14.12.) gibt André Brodocz Antworten auf die Frage „Müssen in einer Demokratie immer alle mit allen reden? Über die Herausforderungen des Populismus an Universitäten“.


In einem viel beachteten Aufsatz aus dem Leviathan diagnostizierten Hubertus Buchstein und Dirk Jörke (2003) vor ziemlich genau 20 Jahren ein massives „Unbehagen“ über die Entwicklung der zeitgenössischen Demokratietheorie. Damals sahen die beiden Politikwissenschaftler den (ebenso legitimen wie notwendigen) Kampf um den Demokratiebegriff als mittlerweile einseitig von einer semantischen Transformation dominiert, die die Idee der ,Volksherrschaft‘ von ihrer wörtlichen Bedeutung und somit „weitestgehend von [allen] partizipativen Momenten“ abgeschnitten hatte. Jene Entwicklung, bei der laut Buchstein und Jörke das „akademische Demokratietheoretisieren“ (ebd.: 471) den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Stichworte: Rationalisierung, globaler Markt, Komplexitätszuwachs, Pluralismus) nachgab oder auch bewusst in die Hände spielte, machten die Autoren u.a. an Theoretiker*innen wie Jürgen Habermas, John Rawls, David Held, Fritz W. Scharpf, Norberto Bobbio, Anne Phillips, Robert A. Dahl, Adam Przeworski, Cass Sunstein, Claus Offe, Arthur Benz oder Robert E. Goodin fest.

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15 Apr

Warum wir nicht sagen, was wir denken… Gedanken zur Toleranz in Zeiten von Corona

Von Oliver Hidalgo (Regensburg)


Vor einiger Zeit wurde ich gefragt, ob es legitim sei, bei einem Report über Islamfeindlichkeit mitzuschreiben, der von der Erdoğan-nahen Stiftung Seta finanziert wird. Und obwohl ich das keinem raten würde, beschäftigt mich seither die Frage: Warum eigentlich nicht? Die feststellbare Diskriminierung von Muslimen in Europa wird ja nicht davon entkräftet, dass die AKP ein Interesse daran besitzt, sie zu dokumentieren. Kommt es also wirklich nicht darauf an, was stimmt und was nicht, sondern allein, wer es für sich ausschlachtet? Und gehen solche Nuancierungen in Zeiten der Corona-Krise nicht ohnehin unter?

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