06 Apr

Die bedrohliche Effizienz einer Lehnstuhlökonomik. Über die Existenzvergessenheit herrschender Wirtschaftstheorien und das gesellschaftspolitische Potential der Pandemie

Von Manuel Schulz (Jena)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur COVID-19 Pandemie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.


Die sich im Frühjahr des Jahres 2020 verbreitende Einsicht, dass es sogenannte ‚systemrelevante‘ Berufsgruppen gibt, die eine existenzielle Aufgabe in unserer Gesellschaft übernehmen, schien ebenso logisch wie überraschend. Logisch, da es bei nur kurzem Nachdenken ganz offensichtlich ist, dass wir abhängig von einem funktionierenden Gesundheitswesen und gefüllten Supermarktregalen sind. Überraschend aber auch, weil sich diese Einsicht derart schnell, sozusagen im Affekt bahn brach, dass sie sich kaum als das Resultat rationaler Erwägungen und vernünftiger Einsicht erklären lässt. Was ist geschehen?

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06 Nov

Die Gabe unter Derrida

von Grit Becher (Wien)

Jacques Derrida, französischer Philosoph, Begründer und Hauptvertreter der philosophischen Denkrichtung der Dekonstruktion[1], zielt in seinem Konzept der Gabe auf die Vereinigung von sich gleichzeitig ausschließenden Formen wie das Paradox und die Ironie, auf das, was die Logik eigentlich ausschließt. Derridas Sozialphilosophie beschreibt nicht die Struktur des Tauschs oder der Reziprozität wechselseitiger Bedürfnisbefriedigung, sondern die Struktur der Gabe, in der Schenkung ohne Dankbarkeit, in der radikal nicht reziproken Freigebigkeit, die immer schon dann zerstört ist, wenn auch nur Spurenelemente von Symmetrie, Gegenseitigkeit, Anerkennung oder Dankbarkeit vorhanden sind.

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29 Aug

Die ethische Relevanz des Geldes

von Edeltraud Koller (Frankfurt a. Main)


Die Wirtschaftswissenschaften verstehen Geld herkömmlich recht nüchtern als Mittel, um verschiedene Waren und Dienstleistungen zu tauschen und deren Wert festzulegen. Das Geld erleichtert den Austausch, weil Güter verkauft bzw. gekauft werden können, ohne auf den direkten Tausch Ware gegen Ware angewiesen zu sein. Es ist somit zunächst schlicht das Mittel für die Zahlung, zum Rechnen, für die Bewertung und zur Wertaufbewahrung.

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26 Jun

Kick it like Putin? Über den politischen und ökonomischen Mehrwert des Sports und die Achtung der Menschenwürde

von Frank Martin Brunn (Hamburg)


Mit Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft der Männer am 14. Juni 2018, sind aus aller Welt Menschen nach Russland gereist und die Ereignisse in den russischen Fußball-Stadien dominieren für einen Monat die Nachrichtensendungen. Die „Welt“ ist zu Gast in Russland, medial und z.T. auch physisch. Die russische Politik und die russische Wirtschaft werden diese Situation genießen und zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen. Fußball ist zu ihrem symbolischen Kapital geworden, dass sich politisch und ökonomisch auszahlt. In ähnlicher Weise wusste man sich die olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi und die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2013 in Moskau zu Nutze zu machen.

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01 Mai

Die Aktualität von Marx

von Christian Schmidt (Leipzig)


Die Frage, in welcher Hinsicht Karl Marx eigentlich noch aktuell ist, wird immer häufiger gestellt, je näher der 5. Mai 2018, der 200. Geburtstag von Marx, rückt. Die Frage irritiert mich offen gestanden etwas – wobei ich aber gleich zugebe, dass diesbezüglich wahrscheinlich eine déformation professionelle zu diagnostizieren ist –, weil kaum jemals nach der Aktualität von Wittgenstein, Hegel, Spinoza oder Platon gefragt wird.

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