Karl Marx und die Möglichkeit eines nichtnaturalistischen Materialismus

von Kurt Bayertz (Münster)
I. Drei Ausgangsthesen
Man kann sich der Theorie von Marx unter verschiedenen Gesichtspunkten nähern. Man kann etwa nach ihrer Tragweite für die Analyse gegenwärtiger ökonomischer (und anderer) Krisenerscheinungen fragen. Eine solche aktualisierende Herangehensweise ist natürlich legitim. Sie setzt aber voraus, was wir bestenfalls in Ansätzen haben: Ein adäquates Verständnis der Marxschen Theorie. Ich gehe demgegenüber von der These aus, dass ein solches Verständnis erst noch zu erarbeiten ist. Dies gilt in besonderem Maße für ihren philosophischen Gehalt. – Unter Anhängern wie Gegnern ist bis heute umstritten, ob es einen solchen philosophischen Gehalt bei Marx überhaupt gibt. Hat er sich selbst nicht ausdrücklich von aller Philosophie distanziert, als er in Kooperation mit Friedrich Engels schrieb: „Philosophie & Studium der wirklichen Welt verhalten sich zueinander wie Onanie & Geschlechtsliebe“[1]?