31 Aug

Kommunale Online-Partizipation: Fehlende Grenzen, fehlende Legitimität

von Jonathan Seim (Düsseldorf)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur Philosophie der Stadt in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.


Innerhalb der letzten Jahrzehnte wurde immer wieder eine Krise repräsentativer Demokratien diagnostiziert. Als ein Ausweg aus dieser Krise wird oftmals eine stärkere Einbindung der Bürger:innen in politische Beratungs- und Entscheidungsprozesse verstanden. In diesem Kontext erfreuen sich internetgestützte Verfahren der Bürger:innenbeteiligung insbesondere auf kommunaler Ebene zunehmender Beliebtheit. Die Frage, wer sich an solchen Verfahren beteiligen können sollte, ist bisher allerdings nur unzureichend thematisiert worden.

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25 Jun

Welche Form elterlicher Fürsorge ist angesichts der Autonomierechte von Kindern moralisch legitim?

von Léonie Droste (Zürich)


Eltern, die ihr Kind ohne dessen normativ relevante Zustimmung taufen lassen, handeln moralisch falsch. Das Recht der Eltern, über die Lebensgestaltung ihres Kindes zu bestimmen, muss, um moralisch gerechtfertigt zu sein, nicht nur die Fürsorge-, sondern auch die Autonomieinteressen des Kindes berücksichtigen. Letztere bestehen nicht allein aus dem Interesse an einem zukünftigen autonomen Zustand, sie schließen auch das aus liberaler Sicht fundamentale Interesse ein, im Hinblick auf das eigene Leben nicht zum Objekt fremder Wertvorstellungen gemacht zu werden.

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08 Jun

Was wir dafür tun dürfen. 50 Jahre Rote Armee Fraktion und die Frage der Bruchs in der politischen Philosophie

Von Gottfried Schweiger (Salzburg)


Dieser Text, der das „Jubiläum“ der Gründung der Roten Armee Fraktion (RAF) vor knapp 50 Jahren zum Anlass nimmt, um über politische Gewalt nachzudenken, war schon fertig als in den USA nach der Tötung von George Floyd durch einen Polizisten Unruhen und Proteste ausbrachen. Die Frage dieses kurzen Essays wird durch die Ereignisse der letzten Tage aber in einen neuen und unmittelbar aktuellen Kontext gestellt. Bislang verlaufen die Proteste und Demonstrationen relativ ruhig und gewaltlos (vor allem gemessen am Maßstab der Bewaffnung der Bevölkerung in den USA) – die Situation kann aber jederzeit kippen und der Präsident der USA, Donald Trump, hat relativ rasch offen mit Gewalt und Waffeneinsatz gedroht. Die Aussicht auf ein besseres Leben und soziale Gerechtigkeit ist auch Jahrzehnte nach der Bürgerrechtsbewegung für einen Großteil der schwarzen Bevölkerung in den USA nicht gegeben und sie ist mit alltäglichen Nachteilen, Schikanen durch die Gesellschaft und die Behörden konfrontiert, die, wie der Tod von George Floyd eindrücklich zeigt, ihr Leben bedrohen. Daher auch der eindrückliche Slogan, der eine moralische Minimalbedingung beschreibt: „Black Lives Matter“. Ein weitere aktuelle Ungerechtigkeit zeigt sich in den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie, die benachteiligte Bevölkerungsgruppen und insbesondere AfroamerikanerInnen viel stärker trifft als die weiße Bevölkerung. Die Situation zwischen Deutschland 1970 als die RAF sich gründete und den USA 2020 sind natürlich nicht vergleichbar, da die sozialen und politischen Verhältnisse, die Strukturen der sozialen Bewegungen und die Akteure gänzlich andere sind – die Frage der Legitimität der Gewalt, um eine gerechtere Gesellschaft zu errichten, betrifft allerdings beide.

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