12 Sep

Kann Europas KI Gesetz eine lebenswerte Zukunft bewahren?

von Mario Günther (München) und William D’Alessandro (Oxford/San Francisco)

Das Europäische Parlament übernahm letzte Woche seine Verhandlungsposition zum Gesetz der Künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence Act). Das Gesetz wird die ambitionierteste Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI) in der westlichen Welt, sobald es verfeinert und, wie erwartet, vom Europäischen Rat gegen Jahresende bestätigt wird. Die Europäische Union (EU) war gut beraten früh Maßnahmen zu den transformativen Technologien zu ergreifen. Aber es ist zu früh das KI-Gesetz zu einem Erfolg zu erklären: angesichts entgegenwirkender ökonomischer Anreize und sich abzeichnenden Durchsetzungsherausforderungen muss die EU hart bleiben und die entscheidenden Sicherheitsvorkehrungen des KI-Gesetzes aufrechterhalten.

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02 Mai

Unkontrollierbare künstliche Intelligenz?

von Reinhard Heil und Leonie Seng (ITAS/KIT Karlsruhe)


Am Anfang stand ein einfaches Computerprogramm, das zur Sprachoptimierung von E-Mails entwickelt worden war. Durch eine kleine, nicht konsequent zu Ende gedachte, Änderung verwandelt sich das Programm in eine Selbstoptimierungsmaschine, die die Inhalte von durch Menschen verfasste E-Mails zu ihren eigenen Gunsten zu manipulieren versteht. Mit der Zeit überwindet die Software die eigenen physikalischen Grenzen und kann schließlich auf politischer Ebene Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen (aus William Hertlings ‘Avogadro Corp’, Band 1).

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11 Apr

Ethics by Chat? Die großen Sprachmodelle im Kontext der Maschinenethik

Von Catrin Misselhorn (Göttingen)


ChatGPT und Konsorten scheinen eine neue Ära der Künstlichen Intelligenz (KI) einzuläuten. Auf einmal kann man mit einer Maschine über Gott und die Welt kommunizieren wie mit einem Menschen. Das gilt auch für ethische Fragen, wie ein Simultaninterview nahelegt, in dem einer Medienethikerin und ChatGPT dieselben Fragen zu den Chancen und Risiken des Chatbots gestellt wurden.[1] Die Antworten weisen einen erstaunlich hohen Grad an Übereinstimmung auf, wenngleich mit durchaus bedeutsamen Akzentsetzungen in den jeweils angesprochenen Gesichtspunkten und ihrer Gewichtung. Nun gibt es derartige Unterschiede auch zwischen menschlichen Ethiker:innen. Das zeigt sich, um beim Beispiel zu bleiben, etwa an den unterschiedlichen ethischen Stellungnahmen zu den großen Sprachmodellen.[2] Bedeutet das, dass nun auch die Ethik automatisiert werden kann? Diese Frage führt uns in das Themenfeld der Maschinenethik, zu deren Kernproblemen gehört, ob Maschinen moralische Akteure sein können.

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02 Feb

Künstliche Intelligenz und Meaning in Life: Ein kurzer Überblick über ein neues Forschungsfeld

von Markus Rüther (Jülich/Bonn)

Unter den Schlagworten „Künstliche Intelligenz“ und „Digitalisierung“ werden viele Technologien diskutiert, die bereits heute unseren Alltag bestimmen. In ethischer Hinsicht werden vor allem die Folgen solcher Technologien für das Wohlergehen (z. B. das Glück) des Individuums und die gesellschaftliche Ordnung in den Blick genommen. Aber ist das wirklich schon alles? Gibt es nicht auch ethische Fragestellungen, die jenseits dieses bipolaren Modells liegen?

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19 Jan

Digitalisierung und Alltagswelt

Von Oliver Zöllner (Hochschule der Medien Stuttgart)

„Digitalisierung“ scheint fast ein Zauberwort der Gegenwart zu sein. Mit diesem Begriff verbinden sich Vorstellungen von Modernität, Zukunft und der Lösung alltäglicher Probleme – quasi per Zahlencode und Programmierung. Viele alltägliche Verrichtungen sind durch ihre digitalisierte Ausgestaltung in den letzten 30 Jahren auch tatsächlich bequemer geworden. Doch die neuen virtuellen Räume der Digitalität bringen neue alte Fragen mit sich.

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20 Dez

Zur Gleichzeitigkeit von digitaler Dystopie und digitaler Utopie

Karoline Reinhardt (Universität Passau)


Das Reden und Schreiben über Digitalisierung und Künstliche Intelligenz ist von einer Gleichzeitigkeit von Untergangsvisionen und Heilsversprechen geprägt: Utopie und Dystopie liegen hier nah beieinander. Dystopien „als düstere Extrapolation all unserer Leiden“ mobilisieren „unsere Einbildungskraft“ (Heller 2016: 70). Dies gilt auch für die digitalen Dystopien: Sie lehren uns das Fürchten. Als Kontrapunkt zu diesen kann die Verheißungskraft der digitalen Utopien durchaus einen gewissen Reiz entfalten. Aber was geben wir auf, wenn wir ihnen Glauben schenken?

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21 Okt

Bias, Sprachassistent*innen und humans in the loop: für eine kritische Ethik Künstlicher Intelligenz

Von Julia Maria Mönig (Bonn)


Technologieethik, genauer gesagt „KI-Ethik“, ist derzeit in aller Munde. Warum es wichtig ist,  die Kategorie „Geschlecht“ dabei zu bedenken, und einen feministischen Blick auf KI zu werfen, zeigen die folgenden Beispiele.

Technologie ist nie wertneutral. In die Technikgestaltung fließen immer bereits Werte, Designvorstellungen, Absichten, Verwendungszwecke und Ziele ein. Dies ist auch − und insbesondere −  bei digitalen Technologien und im Internet der Fall, wenngleich es in den 1990er Jahren die Wunschvorstellung gab, der „Cyberspace“ solle ein herrschaftsfreier Raum sein, in dem alle gleich seien.

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15 Sep

Diskriminierung durch maschinelles Lernen

Von Heiner Koch (Duisburg-Essen)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der im Schwerpunkt “Diskriminierung” in der Zeitschrift für Praktische Philosophie erschienen ist.


Maschinelles Lernen – oft auch als Künstliche Intelligenz verhandelt – birgt die Gefahr von neuen Formen der Diskriminierungen, die darüber hinaus auch noch schwer erkennbar sein können. Der Einsatz maschinellen Lernens in sensiblen Bereichen muss daher so erfolgen, dass Diskriminierungen erkennbar sind – oder es muss auf den Einsatz verzichtet werden.

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18 Jun

Was, wenn wir nicht wissen, dass wir einen Android lieben?

Von Michael Kühler (Münster/Twente)


Auch wenn die Entwicklung von KI und Robotik unbestreitbar große Fortschritte macht, so sind wir doch noch weit davon entfernt, „künstliche Menschen“ oder Android zu erschaffen, die wir nicht (mehr) unmittelbar als solche identifizieren können. „Replikanten“ im Film Blade Runner, „Synths“ in der Serie Humans („Hubots“ im schwedischen Original Real Humans) oder die organischen Androiden der Zylonen in der Wiederauflage der Serie Battlestar Galactica bleiben – zumindest bis auf Weiteres – Science-Fiction.

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29 Mai

Was wird die Künstliche Intelligenz für Versicherungsunternehmen bedeuten?

Von Mario Günther (Canberra)

Es ist ein neuer Tag in nicht all zu ferner Zukunft. Du wachst auf. Deine Armbanduhr hat aufgenommen wie lange du geschlafen hast, wie dein Herz geschlagen hat, und wie du im Schlaf geatmet hast. Du fährst zur Arbeit. Sensoren in deinem Auto messen deine Geschwindigkeit und dein Bremsverhalten. Auf dem Weg hältst du kurz, um zu frühstücken, und bezahlst elektronisch. Die Transaktion und der Kaloriengehalt deines Frühstücks werden registriert. Dann hast du einen Autounfall. Du rufst deine Versicherung an. Dein Anruf wird umgehend beantwortet. Die Stimme am anderen Ende kennt deinen Namen und redet freundlich mit dir über deine Katze und wie deine Fußballmannschaft am vergangenen Wochenende spielte. Du sprichst mit einem Chat-Bot. Der Bot weiß so viel über dich, weil dein Versicherungsunternehmen Künstliche Intelligenz benutzt, um Informationen über dich aus den sozialen Medien zu schürfen. Der Bot weiß noch viel mehr. Im Austausch für günstigere Versicherungsbeiträge hast du zugestimmt, dass er deine persönlichen Geräte überwachen darf. 

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