27 Okt

Politik für das Postwachstum

Von Max Koch (Lund)


Ein halbes Jahrhundert ist seit der Publikation der bahnbrechenden Studie zu den „Grenzen des Wachstums“ von Meadows et al. vergangen. Seitdem hat die Literatur der ökologischen Ökonomie, des Postwachstums (Degrowth) und der nachhaltigen Wohlfahrt (sustainable welfare) immer wieder darauf hingewiesen, dass eine umfassende ökologisch-soziale Transformation möglichst bald eingeleitet werden müsste, um westliche Produktions- und Konsumtionsmuster mit planetarischen Grenzen in Einklang zu bringen. Da es dem vom politischen Mainstream seit Jahrzehnten zelebrierten „grünen Wachstum“ an empirischer Evidenz fehlt (Haberl et al. 2020), muss bei den erforderlichen gesellschaftlichen und ökonomischen Umstellungen auf weiteres Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verzichtet werden – zumindest im globalen Norden.

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05 Okt

Wachstums-Schizophrenie

Von Richard Sturn (Graz)


Am Wirtschaftswachstum scheiden sich die Geister – oder sollte man besser von einer Schizophrenie moderner Gesellschaften sprechen? Wenn in Deutschland, Österreich, China oder anderswo die Wachstumsprognosen um einen halben Prozentpunkt nach unten korrigiert werden, dann folgen mit größter Selbstverständlichkeit augurenhafte Hinweise auf damit verbundene Schwierigkeiten für das betreffende Land – je nach Kontext allenfalls garniert mit Beschwichtigungen, wonach es schon nicht so schlimm kommen würde, zumal für das übernächste Jahr schon wieder ein Aufschwung in Sicht sei. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite ist selten offener Widerspruch zu hören, wenn mit mehr oder minder dramatischem Unterton proklamiert wird, so könne es mit dem Wachstum nicht weitergehen, da wir ja keine zweite Erde zur Verfügung hätten.

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17 Aug

Die philosophisch anspruchsvolle Hinterlassenschaft des Berichtes „Grenzen des Wachstums“

Von Eugen Pissarskoi (Tübingen)


Vor 50 Jahren ist der Bericht an den Club of Rome „Grenzen des Wachstums“ erschienen. Seine Autor*innen – Donella H. Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers und William W. Behrens III – behaupteten darin:

Wenn das weltweite Wachstum der Bevölkerung und der Industrieproduktion aufrechterhalten bleibt, wird die Menschheit mit hoher Sicherheit die Grenzen der Tragfähigkeit des Planeten innerhalb des 21. Jahrhunderts überschreiten – d. h. seine natürlichen Ressourcen und ökologische Aufnahmekapazität derart ausgeschöpft haben, dass wirtschaftliche Schrumpfungsprozesse aufgrund von natürlichen Knappheiten ausgelöst werden.

Diese Behauptung selbst war nicht neu. Neu war ihre Begründung mithilfe eines Weltmodells, das computergestützt nicht-lineare Dynamiken mit Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen und natürlichen Systemen berechnete, die zuvor nicht berechnet werden konnten.

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05 Jul

Wie kompatibel sind Postwachstum und Sozialstaat?

Von Milena Büchs (Leeds)


Aus ökologischer Sicht ist die Kritik am Wachstum heute gut begründet. Doch oft werden Bedenken geäußert, dass soziale Ziele wie hohe Beschäftigung, Armutsbekämpfung und Umverteilung ohne Wachstum nicht zu haben sind: Sozialstaaten im globalen Norden sind vom Wachstum abhängig, so heißt es. In diesem Beitrag werde ich das Verhältnis von Wachstum und Sozialstaat kritisch diskutieren und Vorschläge für ökologisch kompatible Formen des Sozialstaats machen. Aus Platzgründen beschränke ich die Diskussion auf die Situation im globalen Norden, auch wenn es ebenso wichtig ist, die sozialen Konsequenzen von Postwachstum im globalen Süden zu beleuchten.

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24 Mai

Grenzen des Wachstums oder Wachstum der Grenzen?

Von Ingo Pies (Halle-Wittenberg)


Das 1972 als Bericht an den Club of Rome publizierte Buch über die Grenzen des Wachstums hat in den letzten fünf Jahrzehnten eine ganz außerordentliche Wirkung entfaltet: Es hat der öffentlichen Diskussion über die nachhaltige Entwicklung der Weltgesellschaft ein intuitiv eingängiges Paradigma vorgegeben, einen Denkrahmen, der vorbestimmt, wie die Problemstellung gedacht wird sowie welche Problemlösungsoptionen ins Blickfeld geraten – und welche nicht.

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