20 Aug

Das Theodizeeproblem oder ein Problem mit der Theodizee? Was passiert mit klassischen Fragen, wenn wir die Religionsphilosophie neu denken?

von Amber L. Griffioen (Konstanz)


Wer mal eine Einführung in die „klassischen Debatten“ der Religionsphilosophie besucht hat, ist wahrscheinlich über den Begriff Theodizee gestolpert. Grob gesagt ist eine Theodizee der Versuch, den allmächtigen, allwissenden, allgütigen Gott des sogenannten klassischen Theismus angesichts der Übel in der Welt zu rechtfertigen. Etwas weniger grob gesagt geht es bei der Theodizee nicht wirklich darum, Gott zu rechtfertigen (denn wenn es eine solche Gottheit gibt, braucht diese unsere Hilfe nicht, sich zu verteidigen). Es geht vielmehr darum, die Überzeugung[1] derjenigen zu rechtfertigen, die an diesen Gott glauben. Dies ist eine wichtige Präzisierung, denn sie deutet auf einen zentralen Schwerpunkt der analytischen Religionsphilosophie des 20-21. Jahrhunderts hin, nämlich auf den wiederholten Versuch, die Rationalität oder zumindest die rationale Zulässigkeit der klassisch monotheistischen Überzeugung zu prüfen (und meistens zu verteidigen) – hier in Anbetracht eines möglichen defeaters (Gegenbelegs), nämlich der Menge an erlebtem Bösen bzw. subjektivem Leiden in der Welt. Dieser Fokus auf die Rationalität der religiösen Überzeugung macht das sogenannte „Theodizeeproblem“ also eher zu einem Rätsel für die Religionsphilosophie, das es zu „lösen“ gilt: Wie kann man den klassischen Monotheismus mit den Übeln der Welt so versöhnen, dass es nicht irrational wäre, weiterhin an diesen Gott zu glauben?

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