04 Jul

Demokratie und Verschwörungstheorien. Eine unfreiwillige Partnerschaft?

von Lucas von Ramin (Dresden)


Ob Brunnenvergiftung, Hexenbünde oder Freimaurerloge – Verschwörungserzählungen haben nicht nur Konjunktur, sondern sind ein andauernder Bestandteil menschlicher Kulturgeschichte. Obwohl solche Erzählungen als Gefahr für heutige Demokratien beschrieben werden, finden sich in den meisten Verschwörungstheorien demokratische Motive. Oft wird eine kleine Gruppe oder Elite imaginiert, die die Mehrheit betrügen und beeinflussen will. Es lassen sich zwei Diskussionsstränge identifizieren, mit denen den Verbindungslinien zwischen Demokratie und Verschwörungstheorien nachgegangen werden kann.

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04 Mai

Die Freiheit zu Sprechen und die Pflicht zu Hören

von Christoph Merdes


Die Freiheit, den Mund aufzumachen bedeutet nicht viel, wenn einem niemand zuhört. Zugleich aber bin ich doch nicht verpflichtet jedem Beliebigen zuzuhören; die Gesellschaft muss doch keinen Dienst bereitstellen, der dafür sorgt, dass jede Meldung in den sozialen Medien, jeder Ruf an einer Straßenecke von irgendjemandem gehört wird. In diesem Dilemma findet sich die Freiheit zum Sprechen, zwischen der Notwendigkeit, gehört zu werden, und der fehlenden Pflicht, zu hören.

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27 Sep

Sprachlose Opfer. Zum Zusammenhang von institutionalisierter Gewalt und epistemischem Unrecht

Von Dietrich Schotte (Regensburg)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur epistemischen Ungerechtigkeit in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.

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Nach den zahlreichen Erfahrungsberichten, Dokumentationen und juristischen Gutachten der letzten Jahre kann niemand mehr leugnen, dass über Jahrzehnte, mutmaßlich über Jahrhunderte hinweg in der katholischen Kirche in monströsem Ausmaß sexualisierte Gewalt gegen ‚Schutzbefohlene‘ ausgeübt, geduldet, bagatellisiert, erlaubt und vertuscht wurde. Besonders verstörend ist der ebenfalls nicht zu leugnende Umstand, dass die Betroffenen nicht allein nicht gehört wurden – sondern dass sie selbst oft nicht in der Lage waren, ihre Erfahrungen als das zu erkennen und zu benennen, was sie waren: sexualisierte Gewalt (und auch die irreführende, aber gebräuchliche Rede vom „sexuellen Missbrauch“ übernehmen sie nicht). Die Strukturen der katholischen Kirche machten die Opfer, so scheint es, nicht nur wehrlos, sondern auch sprachlos. Was die Frage provoziert, wie es geschehen kann, dass Menschen ihre eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen, das eigene Empfinden derart falsch einordnen?

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31 Aug

Kommunale Online-Partizipation: Fehlende Grenzen, fehlende Legitimität

von Jonathan Seim (Düsseldorf)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur Philosophie der Stadt in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.


Innerhalb der letzten Jahrzehnte wurde immer wieder eine Krise repräsentativer Demokratien diagnostiziert. Als ein Ausweg aus dieser Krise wird oftmals eine stärkere Einbindung der Bürger:innen in politische Beratungs- und Entscheidungsprozesse verstanden. In diesem Kontext erfreuen sich internetgestützte Verfahren der Bürger:innenbeteiligung insbesondere auf kommunaler Ebene zunehmender Beliebtheit. Die Frage, wer sich an solchen Verfahren beteiligen können sollte, ist bisher allerdings nur unzureichend thematisiert worden.

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23 Mrz

Eine Frage der Berührung

Barbara Schellhammer (München)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur COVID-19 Pandemie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.

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Gerade in Ausnahmesituationen rücken Menschen zusammen – eigentlich. Das ist in Zeiten des Coronavirus anders, denn hier gilt das Gebot des „social Distancing“. Wir sind, wie dies Angela Merkel, mit Verweis auf eine „scheinbar paradoxe Sache“, ausdrückte, aufgefordert, Solidarität zu zeigen, indem wir Abstand halten. Weniger ambivalent und scheinbar glasklar klingt die Sache beim österreichischen Kanzler Sebastian Kurz: „Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel“. Wie bei vielen, die hinsichtlich der Bedrohung durch das Virus vor allem biopolitisch argumentieren, zeigt sich auch hier eine schwerwiegende Missachtung unserer (Zwischen-)Leiblichkeit. Nicht selten hört man dann noch beschwichtigend, beim „social Distancing“ handle es sich ja eigentlich „nur“ um ein „physical Distancing“. Es ist sicher auch richtig, dass wir die Bedeutung von uns nahestehenden Menschen, die uns sonst kaum in den Sinn kommen, besonders deutlich spüren, wenn wir ihnen nicht mehr begegnen dürfen. Einige sprechen hier von einer „Dialektik der Distanz“ oder von einer „neuen Nähe“, die sich gerade aus der Distanz ergebe.

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18 Feb

Kleinkinder und Corona

von Monika Platz (München)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur COVID-19 Pandemie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.


Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder sollen nur im äußersten Notfall geschlossen werden – das schien lange Konsens in der Pandemiebekämpfung in Deutschland zu sein. Zu negativ waren die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown. Dieser Konsens aber hat sich als fragil erwiesen. Er bröckelte seit Beginn der zweiten Welle im Herbst und wurde mit der neuerlichen Schließung der Betreuungseinrichtungen im Dezember 2020 begraben. Umso dringlicher ist es, aus kinderethischer Perspektive aufzuzeigen, warum es für das Wohlergehen der Kleinkinder so wichtig ist, Betreuungsstrukturen in den Einrichtungen aufrecht zu erhalten und den Kindern damit ein großes Stück Normalität zu ermöglichen.

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02 Feb

„King of my castle“ oder Knecht im Home-Office? – Die Bedeutung von #stayathome für das Erleben des Privaten

Von Eike Buhr (Oldenburg)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in einem Schwerpunkt zur COVID-19 Pandemie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.


Wir schätzen unsere private Wohnung nicht nur als Dach über dem Kopf, sondern auch als Ort des Rückzugs und der Erholung. Im Rahmen der erlassenen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie darf man aber weder beliebig viele Freunde und Verwandte nach Hause einladen noch die Wohnung zu beliebigen Zwecken verlassen. Wenn Arbeit, Kindererziehung und Freizeit unter einem Dach stattfinden, lässt sich dann wirklich noch von Erholung und Rückzug sprechen? Inwiefern haben die erlassenen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen unser Erleben des Privaten verändert? Kann hier sogar von einem unzumutbaren staatlichen Eingriff in unsere Privatsphäre gesprochen werden?

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21 Jan

Vom guten Leben und vom guten Tod: Ein postmodernes Dilemma

Von Fabian Hutmacher (Würzburg)


Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) erschienen ist. Der Aufsatz kann auf der Website der ZfPP kostenlos heruntergeladen werden.

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Wir alle wünschen uns ein gutes Leben und einen guten Tod. Als gutes Leben gilt uns üblicherweise ein langes und erfülltes Leben. Und ein guter Tod ist ein Tod, der kein Übel mehr für uns darstellt, eben weil er nach einem solchen langen und erfüllten Leben eintritt. Die Verfasstheit postmoderner Gesellschaften steht – so meine These – dem guten Leben und dem guten Tod im Weg. Warum ist das so – und wie lässt sich damit umgehen?

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