04 Apr

Horizontale und vertikale Demokratie. Zum Verhältnis von Volkssouveränität und Staat

von Oliver Eberl (Leibniz Universität Hannover/Goethe-Universität Frankfurt)

Die Versprechen der Demokratie

Die moderne Demokratie ist von zwei zentralen Versprechen geprägt: der Freiheit und der Gleichheit. Diese beiden Prinzipien sind es, auf die die Versuche, die Versprechen der Demokratie zu benennen, immer wieder hinauslaufen. Zum Beispiel hat Hubertus Buchstein die Versprechen der Demokratie folgendermaßen benannt: (1) körperliche Unversehrtheit und Freiheit, (2) rechtliche und politische Gleichheit, (3) politische Beteiligungsmöglichkeiten, (4) wirtschaftlicher Wohlstand, (5) Sicherheit und Frieden (Buchstein 2013: 34). Es ist möglich, so mein Argument, diese Punkte wieder auf Freiheit und Gleichheit zurückzuführen.

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28 Mrz

Die westliche Demokratie und ihre Verächter

von Barbara Zehnpfennig (Universität Passau)

Dachte man in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts noch, der weltweite Siegeszug der Demokratie sei unaufhaltsam, so hat sich das Bild seitdem dramatisch verändert: Nun scheint die Tendenz zum autoritären Regime, zur Autokratie, ja selbst zum totalitären Staat irreversibel. Sogar Staaten wie Ungarn, Polen oder Israel, die bisher ganz zweifellos den demokratischen Staaten zugerechnet wurden, weisen Entwicklungen auf, die zumindest die Verbindung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fraglich werden lassen.

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07 Mrz

Demokratie ist der artikulierte Anspruch auf Volksherrschaft

von Dagmar Comtesse (Münster)

Wann immer sich Menschen in Kollektiven sammeln, stellt sich die Ordnungsfrage: Wer entscheidet was? Und wie kann man möglichst viele Kollektivmitglieder dazu bringen, zumindest jene Regeln zu akzeptieren, durch welche Entscheidungen zustande kommen? Demokratie ist die Bezeichnung dafür, dass alle gezählten Mitglieder eines Kollektivs kausal an der Festlegung und Aufhebung von Regeln und Entscheidungen mitwirken können. Damit ist die Geschichte der Demokratie auch immer die Geschichte der Nicht-Demokratie, jene der nicht gezählten Kollektivmitglieder.

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16 Feb

Größe und Demokratie

von Dirk Jörke (Universität Darmstadt)


Anlässlich der Feierlichkeiten zu 60 Jahre Élysée-Vertrag forderten Emmanuel Macron und Olaf Scholz, dass „Europa noch souveräner wird“ und dachten dabei, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vielbeschworenen „Zeitenwende“, insbesondere an eine militärische und geopolitische Unabhängigkeit. Flankiert werden solche Bestrebungen durch Intellektuelle und Politikwissenschaftler, die sich darüber durch die Erweiterung der Rechte des Europaparlaments und die Etablierung transnationaler Wahllisten eine Überwindung des vielbeschworenen demokratischen Defizits der Europäischen Union erhoffen. Doch das ist eine trügerische Hoffnung, die im Effekt dazu führt, eine antidemokratische Praxis mit einem demokratietheoretischen Zuckerguss zu verdecken. 

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24 Jan

Demokratie und Expertise

von Lisa Herzog (Universität Groningen)


„People have had enough of experts!” Dieser Spruch aus dem Brexit-Wahlkampf wird häufig zitiert, wenn es darum geht, dass Bürger*innen dem Einfluss von Expert*innen auf die Politik misstrauen. Aber ist die Spannung zwischen Gleichheit demokratischer und ungleicher Expert*innenautorität wirklich unüberwindbar? In diesem Blogpost argumentiere ich, dass diese Spannung durchaus konstruktiv gemanagt werden kann, aber dass dabei die Überwindung zweier Formen von illegitimem Einfluss auf den Nexus von Expertise und Politik zentral ist: epistemischer Ungerechtigkeit, wie Miranda Fricker sie konzipiert hat, und ökonomischer Verzerrungen der Wissenslandschaft, auf die sich Politik stützt.[1]

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