20 Mrz

Der Corona-Staat oder: Politische Autorität in Zeiten der Pandemie

Von Andreas Wolkenstein und Johannes Kögel (München)

Man kommt nicht umhin angesichts der gegenwärtigen Pandemie und der zu ihrer Bekämpfung ins Leben gerufenen Maßnahmen Michel Foucaults „Überwachen und Strafen“ (1993) aus dem Bücherregal hervorzuziehen. Foucault beschreibt die von der Pest bedrohte Stadt des 17. Jahrhunderts: Es herrscht striktes Ausgangsverbot, die Stadtgrenzen wurden dicht gemacht, die gesamte Stadt steht unter Quarantäne. Unvermeidbare Freigänge werden so koordiniert, dass man sich dabei nicht begegnet. Der Stadtraum wird in Zellen unterteilt, deren Straßen und Plätze von offiziellen Wächtern patrouilliert und überwacht werden. Namen und Adressen der Bewohner werden erfasst, Fälle (Infektions- und Todesfälle) werden protokolliert und systematisiert.

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25 Feb

Künstliche Intelligenz und unser Selbstverständnis der Techniknutzung

Von Johannes Kögel und Andreas Wolkenstein (München)

Das mediale Interesse an künstlicher Intelligenz (KI) – wie an so vielen anderen Themen – steigt und fällt seit Jahrzehnten. Je nach Anlass werden dann die immer gleichen Bedrohungen hervorgekehrt und die immer gleichen Risiken gebetsmühlenartig wiederholt. Besonders medienwirksame Ereignisse waren etwa die Siege von Schachcomputern gegen Schachweltmeister (Deep Blue 1997 gegen Garry Kasparov und Deep Fritz 2006 gegen Waldimir Kramnik) oder der Software AlphaGo gegen den mehrfachen Go-Weltmeister Lee Sedol im Jahre 2016. Dabei wurde ein ums andere Mal unmissverständlich gezeigt, dass der Mensch der Maschine unterlegen sei. Der Computer triumphiert. Die künstliche Intelligenz habe die menschliche Intelligenz überholt und abgehängt.

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24 Apr

Genug Bullshit! Über den Wert philosophischer Demokratiekritik in einer postfaktischen Welt

Andreas Wolkenstein (München)


Was Politiker vermeintlich tun – Stimmen der Straße

Als Angela Merkel am 03. Oktober 2016 die Dresdner Frauenkirche betrat, wurde sie von einem pöbelnden Mob empfangen. Die Menschen, die sich vor dem Ort der Feierlichkeiten zum Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung versammelten, waren offenbar wütend. Sehr wütend sogar, was sie mit wüsten Beschimpfungen und hetzerischen Plakaten zum Ausdruck brachten. Angela Merkel steht zwar im Zentrum der Kritik – wenn das Verhalten dieser angeblich besorgten Bürger denn überhaupt als Kritik zu bezeichnen ist -, doch diese trifft bei Weitem nicht nur die Bundeskanzlerin. Es herrscht dieser Tage die Tendenz, allen Politikern jeglichen guten Willen abzusprechen. Insbesondere die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien, dann aber auch die im linken politischen Spektrum zu verortenden Parteien werden zum Objekt des Hasses der Massen. Sie würden nur in die eigene Tasche arbeiten, es ginge ihnen also nur um sich, nicht um die Sorgen und Nöte der einfachen Leute, und sie würden mit „Gender Mainstreaming“ und „linksgrün-versiffter Ideologie“ die besorgte Bürger terrorisieren und diese dabei noch nicht einmal vor dem islamistischen Terrorismus beschützen (im Gegenteil). Derartige Dinge sind inzwischen nahezu alltäglich zu vernehmen. In Deutschland sitzen die Unterstützer dieser Form des Politiktreibens inzwischen im Parlament.

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